Gedichte

Unsere Sr. Oliva Pardo de Leygonie war lange Jahre maßgeblich am Aufbau unseres Gartenbauverlags beteiligt.
Aus ihrer Verbundenheit mit der Schöpfung und zu vielerlei Anlässen entstanden ihre Gedichte.
Wir haben die schönsten für Sie ausgewählt.


Teil 1: Im Pfand des Friedens, Kreuz, die Treuen – in Christus still die Welt erneuen


Nr. 1

Barmherzigkeit des Herrn, wir wurden nicht vernichtet.
Barmherzigkeit des Herrn, der Drache ward gerichtet.
Und wie ein Blitz verzuckt das Ungeheuer,
das eingetaucht die Welt in Blut und Feuer.

In Krieg und Hunger und im Fackelbrand der Nächte
lag schützend über uns des Vaters Rechte.
Nun stand er auf. Es zitterte die Erde
und schwieg dem Richter. – Heil sind Hirt und Herde.

Barmherzigkeit des Herrn, denn erließ überdauern
sein festes Haus und seine starken Mauern.
In einer Welt von Trümmern blieb es aufgerichtet.
Barmherzigkeit des Herrn, wir wurden nicht vernichtet.

War auch die ganze Wut des Bösen aufgeriegelt,
wir waren mit des Lammes Blutes gesiegelt.
Es leuchtete und schützte unsre Schwelle.
Zur Ohnmacht wurde da die Macht der Hölle .

Und mochten Stürme um die Mauern toben,
nicht schwiegen, die bestellt, den Herrn zu loben.
Einfältig wie die Tauben, klug wie Schlangen
ließ Hirt und Herd’ er durch die Not gelangen.

Uns ward der Kreuzesstab vorangetragen.
In diesem Zeichen konnten wir es wagen.
Vor diesem Zeichen teilten sich die Wogen.
Heil sind wir durch ein Meer von Blut gezogen

und haben unversehrt das Gotteslob gesungen,
indes des Feindes Wagen sind zersprungen.
Zusammenstürzend sich die Fluten schlossen,
und sie verschlangen ihn mit Mann und Rossen.

Wir haben einen steilen Weg zu gehen,
den wir beglückt im neuen Lichte sehen.
Aufstrahlt der Morgenstern zu immer neuer,
aus Tod zum Leben uns geschenkter Feier.

Barmherzigkeit des Herrn, es soll in frohen Weisen
ihn alle Tage unser Loblied preisen.
Den Kommenden sei es mit Dankbarkeit berichtet:
Barmherzigkeit des Herrn, wir wurden nicht vernichtet.

(St. Maurus 1941)

Nr. 2

Barmherzigkeit, die Nacht verblaßt,
aufging ein Ostermorgen.
Die Rechte Gottes uns umfaßt,
in ihr sind wir geborgen.

Noch nie hat er in seinen Tod
so tief uns mitgenommen.
Noch nie ist aus so großer Not
so helles Licht gekommen.

Lobsingt dem Herrn, denn er ist gut,
und preiset seinen Namen.
Die Rechte Gottes Wunder tut,
und sie erhöht uns. Amen.

(Pascha 1945)

Nr. 3

Gaudete.

Den Frieden, den die Welt nicht geben kann,
den bietest du uns, Gott, in deinem Heile an,
wenn wir auf dich im Glauben und Vertrauen
wie Knechte auf die Hand des Herren schauen.

Nach deinem Rat kommt das gerechte Los
des Kreuzes Kleinen kleiner und den Großen groß.
Es zählt allein, ob wir nach deinem Willen
mit unserm Wollen unser Maß erfüllen.

Bald kommst du wieder, Herr, mit großer Macht.
In deinem Lichte wird zunichte dann die Nacht,
und freudig werden, die dir glaubten, sehen,
dein Friedenszeichen auf den Wolken stehen.

Nr. 4

Schaut, welch ein Überfluß vom Herrn uns nährt:
Samenkörner er als Brot gewährt,
deren jedes, blieb es unversehrt,
würde wachsen, hundertfach vermehrt.

Dennoch gibt es Gott zur Speise hin,
Brot sein ist des Samens letzter Sinn.
Was davon zurück zur Erde geht,
sät man nur, daß fort das Brot besteht.

Und so jubelt froh das Herz und leicht
zu der Mutter, die das Brot uns reicht,
dankend aus der Hand des Vaters nimmt,
was zur Speise – was zur Saat bestimmt.

Nr. 5

Du bringst den Kelch, in dem uns Gott gehört.
Wer ihn nicht trinkt, das Bild in sich zerstört
nach dem der Schöpfer das Geschöpf geprägt,
das der Erlöste – neu geschaffen – trägt .

Dir ist es aufgegeben, Hirt zu sein,
den Weg zu finden zwischen Dorn und Stein
für alle Schafe, die dir anvertraut,
auf deren Niedrigkeit der Herr geschaut.

Nr. 6

Gehst du ans Kreuz?
Ach, lange schon
ist dies dein Weg.
Uns mitzuziehen,
ist hohe Salbung dir verliehen.

Der Weg ist hart,
es fehlt dir nicht,
was Christus war
an Leid beschieden,
doch du gewinnst im Kreuz den Frieden,

Du trittst hinzu,
im Glauben stark,
zum Opfern und Geopfertwerden,
Mysterium unsres Heils auf Erden.

Du reichst den Kelch,
du trankst zuerst
und bist bereit für seine Neige.
O herrlich sich der Herr dir zeige!


Teil 2: Wort Gottes


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Nr. 7

Ps 23

Der Herr, mein Hirt, mich weidet,
auf grüner Au ich ruh’.
Mein Herz nicht Mangel leidet,
dem Quell führt er mich zu –

Der auf gerechte Pfade
mein ganzes Leben lenkt,
um seines Namens Gnade
geraden Wandel schenkt.

Mag Dunkel mich umgeben,
so fürchte ich doch nichts,
du bist bei mir, das Leben,
der Tag des ew’gen Lichts.

Dein Stab und Rut’ mich trösten,
zum Trotz den Feinden mein
deckst mir mit den Erlösten
den Tisch mit Brot und Wein.

Und mit dem Öl der Freude
hast du mein Haupt geweiht.
Mein Kelch, ob Lust, ob Leide,
er ist ganz Herrlichkeit.

In deiner Lieb’ Geleite
ich immer gehen mag.
In deinem Haus bereite
mir Wohnung alle Tag’.

Nr. 8

Ps 23

Der Herr ist mein Hirt,
nichts fehlen mir wird,
er führt mich auf frischgrüne Auen;
zum labenden Bach,
da zieht er mich nach,
ihm darf ich mein Leben vertrauen.

Gerecht er mich lenkt,
zum Wege mir schenkt
er seinen hochheiligen Namen.
Auch mitten im Tod
nicht fürchte ich Not,
weil du mein Geleiter bist – Amen!

Dein’ Rute und Stab
zum Troste ich hab’,
du hast einen Tisch mir gerichtet
zum Trotz meinem Feind,
wie stark er auch scheint,
die Kraft deiner Hand ihn vernichtet.

Dein heiliges Öl,
die Freud’ meiner Seel’,
stets neu meinem Haupte du spendest.
Nicht fasst mein Pokal
das Maß meiner Qual,
die du mir zur Herrlichkeit wendest.

Nun geh’ für und für
erbarmend mit mir,
du heilende, göttliche Gabe.
Dein Zelt sei mein Haus
tagein und tagaus,
solang deinen Odem ich habe.

Nr. 9

Ps 84

Wie lieblich ist in deinen Zelten
das Wohnen, Herrscher aller Welten.
All mein Verlangen und mein Beten
ersehnt nur, in dein Haus zu treten.
Mein Herz und Fleisch aufjauchzend preisen
Gott, den Lebendigen und Weisen.

Der Spatzen Nester gibt und Tauben,
Altäre denen, die ihm glauben.
O selig sind, die bei ihm wohnen,
sie loben ihn in die Aionen.
Ja, selig, wer aus Not und Bangen
dein Heil, das er erhofft, empfangen.

Der Weg aus diesem Tränentale,
er führt zur Höh’, zu deinem Mahle.
Der das Gesetz gab, gibt auch Segen
und Fortschritt auf der Tugend Wegen.
In Sion wird der Herr erscheinen,
aufnehmen das Gebet der Seinen.

Jakobs Beschützer und Vertrauen,
auf deinen Christus wollest schauen!
Mir will ein Tag in deinen Hallen
vor tausend anderen gefallen.
Will lieber dort verachtet weilen,
als deiner Feinde Zelte teilen.

Du liebst ja Wahrheit und Erbarmen,
schenkst Ruhm und Gnade deinen Armen.
Wer schuldlos wandelt deine Pfade,
dem nimmst du niemals deine Gnade.
Wer dich erwartet, ist gesegnet,
in allem ihm der Herr begegnet.

Nr. 10

Ps 8

Herr, unser Herr, wie ist dein Name
so herrlich auf der ganzen Welt.
Der hoch erhab’ne‚ wundersame
weit überstrahlt des Himmels Zelt.
Der Kleinen Lied hat dir gefallen
aus Kindermund, aus Säuglingslallen,
zum Schrecken deinen Feinden allen;
am Fels der Bösen Wut zerschellt.

Ich schau den Himmel, deine Werke,
und juble über Stern’ und Mond,
was immer deines Armes Stärke
erschuf, und was das All bewohnt.
Was ist der Mensch, daß du gekommen
und bei ihm Wohnung hast genommen,
daß Himmelshöhen er erklommen,
nur wenig unter Engeln thront!

Du kröntest ihn mit Ruhm und Ehre,
daß deine Werke er regier’:
Die Vögel all’, die Fisch’ im Meere,
die Schafe, Rinder, jedes Tier.
Herr, unser Herr der Herrlichkeiten,
des Himmels und der Erde Weiten
sind nur, um Lob dir zu bereiten,
sie jauchzen und frohlocken dir!

Nr. 11

Ps 18,3

Du Starker und Getreuer,
mein Helfer und Befreier,
mein Heil und Seligmacher,
Was kann der Widersacher?
Du machst all seine Heere
zu nichts im Roten Meere.

Nr. 12

Ps 85

Gesegnet hast Du, Herr, Dein Land,
Gefangenschaft geendet,
verziehen Deines Volkes Schuld,
die Missetat bedeckt mit Huld,
den Zorn von uns gewendet.

So führ uns heim, Gott, unser Heil,
nicht länger mögest grollen.
Nicht strafe uns, die Sünder sind,
Dein Zorn mit Kind und Kindeskind,
da wir Dir dienen wollen.

Dann wird, wenn Du es neu belebst,
Dein Volk in Dir sich freuen.
Verleih, dass Deine Huld es schaut,
gib ihm Dein Heil, wie es vertraut,
Du Hoffnung der Getreuen.

Nr. 13

De profundis.

Ich bin hinzugetreten
zu deinem Brudermahl.
Nun ruft zu dir mein Beten,
o Herr, aus tiefem Tal.

Nun neige meinem Flehen
in Gnaden du dein Ohr.
Wer könnte wohl bestehen,
legst du sein Tun ihm vor?

Vertraut auf sein Erbarmen,
beim Herrn ist reichlich Heil.
Er gibt ja seinen Armen
an seinem Leben teil.

Er selbst schenkt uns sein Wesen
in seiner Vaterhuld,
läßt Israel genesen
von aller seiner Schuld.

Nr. 14

Judith.

Gesegnet seist du, die uns schenkt
die reine Quelle, die uns tränkt.
In deine Hand gegeben,
in eines schwachen Weibes Hand,
hat Gott des Volkes Leben.
Bei Tag und Nacht hast du gewacht,
ihm Lob gebracht
und Kraft von ihm empfangen,
die Rettung deines Volkes zu erlangen.

Es fiel der Feind. Mit seinem Haupt
sein Heer ward aller Macht beraubt,
die Liebe nicht gegründet.
Kraft, die den Dienern Fesseln bringt,
sich bald zerbrochen findet.
Der Haß ist tot, vorbei die Not,
und Wein und Brot,
desgleichen reiche Beute
hat Jahwe Israel beschieden heute.

Nun kehrst du heim, und Zelt und Zier
des toten Feindes gibt man dir;
doch Gott wirst du es weihen.
So zieh zum Tempel uns voran,
du führe unsre Reihen!
Wen Sieg erhöht, der einsam steht,
doch krönt Gebet
dich und nicht Menschenehre.
Als Zelt umschattet dich der Ewighehre.

Nr. 15

Mulier fortis.

Die heil’gen Bücher preisen hoch das Weib,
das kraftvoll nährt der Seinen Seel’ und Leib:
Die starke Frau, es strahlt weithin ihr Licht,
an Gott entzündet, es die Nacht durchbricht.

Fest nimmt sie große Dinge in die Hand.
Da ist kein Armer, der nicht Hilfe fand.
Sie öffnet ihm die Hand, streckt aus den Arm.
Mag eisig sein die Welt, ihr Haus ist warm.

Darin schützt jeden doppeltes Gewand:
Des Leibes – und des Friedens, den er fand.
Auf ihren Lippen ist Gesetz und Wort
der Milde, in den Kindern klingt es fort.

Des Hauses Wandel ist in ihrer Hut,
sie führt empor. Preist sie, denn sie ist gut!
Das Lob, das ihr gebührt, laut stimmt es an,
all ihrer Werke, die in Gott getan.

Nr. 16

St. Benedikt.

Den großen Gotteskünder seht,
in dessen Hut der Tempel steht,
ein starker Hort den Seinen.
Der wohl bewahrt das Gotteshaus,
das Mauerwerk des Tempelbaus,
gefügt aus festen Steinen.
Seht, das Bollwerk, tief gegründet,
Frieden kündet
unsern Tagen.
Hoch und hehr die Mauern ragen.

In seinen Tagen sprudeln hell
die Wasser auf wie Meereswell’,
gefüllt sind alle Becken.
Für uns, sein Volk, hat allezeit
er treu gesorgt und uns befreit,
Gefahren uns nicht schrecken.
Seht die Gottesstadt sich weiten,
ihm bereiten
Ruhm und Ehre
Söhne wie der Sand am Meere.

Seht den Bekenner voller Macht
wie Morgenstern durch Wolkennacht
und Nebel klar uns scheinen.
Wie Sonn und Mond zu ihrer Zeit
ihr Licht aussenden hell und weit,
erstrahlet er den Seinen.
Leuchtend wie der Regenbogen
Nebelwogen
überbrücket,
siebenfältig er erquicket.

So lieblich wie die Rose sprießt,
so königlich erblüht sie ist
an holden Frühlingstagen;
Wie Lilien, an des Baches Rand
ihr Antlitz spiegelnd unverwandt,
das Kleid der Reinheit tragen,
Kräutern, die in Sonnengluten
Balsamfluten
duftend spenden,
Weihrauch gleicht er, Feuerbränden.

Wie aus des Goldschmieds Meisterhand
ein goldenes Gefäß entstand,
geschmückt mit Edelsteinen,
Oliven- und Zypressenbaum
aufstreben in den Himmelsraum,
will er uns herrlich scheinen.
Wie die Zeder von den Sprossen
ist umschlossen – wie von schönen
Palmenzweigen — er von Söhnen.

Ekkli 50, 1-11, 13-14

Nr. 17

Ein reicher Mann lud viele ein zu Trank und Speise.
Doch sie verschmähten seinen Ruf auf manche Weise.
Der sprach: “Ich kauft’ ein Gut,” und der: “Ich ein Gespann,”
und der: “Ich nahm ein Weib, daß ich nicht kommen kann.”

So gehen viele vor sich hin in ihrem Leben.
Zum Mahl läßt sie ihr stumpfer Sinn sich nicht erheben.
Der Bote kehrt zurück
und zeigt dem Meister an,
daß er den trägen Gast
zum Fest nicht bringen kann.

Der Hausherr am gedeckten Tisch im leeren Saale
weist zürnend seine Diener an:
“Nun ruft zum Mahle,
die auf den Gassen sind
mit leerer Bettlerhand,
verkrüppelt, lahm und blind.
Gebt ihnen Festgewand!”

Nun schaut, wie steigen unbeschwert
hinan die Armen.
Der sie mit seinem Festmahl nährt,
ist voll Erbarmen.
Sie hindert Elend nicht,
Gebrechen nicht und Krück’,
sie nehmen liebend auf
das so ersehnte Glück.

Es sehen ihnen staunend nach, die erst geladen,
und die das Herrenmahl verschmäht zu ihrem Schaden.
Ach, daß man solchem Ruf
und dem nicht folgen kann,
der uns zum Mahl erschuf,
wen ginge das nicht an?

Nr. 18

Da brachten sie ihm einen Kranken.
Er sprach: “Getrost, dir ist vergeben!”
Er schaut die garstigen Gedanken
der Pharisäer dicht daneben.

Damit sie seine Wahrheit sehen,
des Menschensohnes Macht auf Erden,
heißt er gesund den Kranken gehen,
beschämt so die Verstockten werden.

Wir wandeln mit dem Herrn und denken,
wenn auch die Menschen sie nicht sehen,
so oft Gedanken, die ihn kränken,
so weit von liebendem Verstehen.

Vor ihm liegt alles Denken offen,
und legen wir beim Opfermahle,
da wir auf neues Leben hoffen,
geheimen Makel in die Schale,

er wird ihn in sein Leben wandeln,
das uns zu bringen, er gekommen,
in grades Denken, grades Handeln.
Wir werden wieder aufgenommen.

Nr. 19

Der König lädt zum Hochzeitsmahle ein,
mehr noch: Er will von uns geladen sein.
Er ruft: “Zachäus, eilends komm herab,
weil ich dein Haus mir ausersehen hab.”

Und spricht du: “Herr, nicht würdig ist mein Dach.”
Läßt er mit einem Wort die Sünden nach.

Da ist ein Weib, tritt bittend für uns ein:
“Mein Gott und Sohn, sie haben keinen Wein,”

und eines, das von Scham und Liebe brennt,
ihn weinend salbend, stumm die Schuld bekennt.

Da ist das Lamm, bereitet in dem Saal.
Es beugt der Meister selbst das Knie beim Mahl
und wäscht und trocknet dienend derer Füße,
die kosten dürfen seines Leibes Süße.
Und sie vernehmen solche Liebesworte,
wie noch zu keiner Zeit an keinem Orte
sie der Geliebte zur Geliebten sprach.

Zum Mahle ging er jenen Jüngern nach,
die – schon von seinen Reden herzentbrannt – als er das Brot brach, ihren Herrn erkannt.

Als sie vergebens fischten in der Nacht,
hat er am Ufer Feuer angefacht.
Er hielt für sie das Frühmahl dort bereit,
gab reichen Fischfang zu derselben Zeit.

Der vierzig Tage hungerte nach Brot
und dennoch zornig dem Versucher droht,
erbarmt des Volkes sich, das mit ihm zieht,
das er drei Tage ohne Speise sieht.
Da braucht es weder Haus noch Hochzeitssaal:
auf grüner Au reicht allen er das Mahl.
Von sieben Broten wird die Menge satt.
Noch sieben Körbe voll man übrig hat.

So hast auch mir du einen Tisch gedeckt.
Ohnmächtig ist der Feind, der uns erschreckt,
wenn der Gesalbte gießt uns Salbung aus,
reicht seinen Kelch: “Ihr alle trinkt daraus!”
Es steht auf Fels sein Haus aus festem Stein.
Hier darf ich wohnen und geborgen sein
in seiner Liebe jeden Lebenstag
an seinem Tisch. Dies fasse, wer’s vermag.

Nr. 20

Ein Kind auf seinem Lager leidet.
Der Vater schweren Herzens scheidet,
zu suchen Israels Propheten.
Doch als er ihn zu sich gebeten,
spricht jener: “Ohne Wunderzeichen
kann keinen Glauben ich erreichen.”

“Herr, eile, eh mein Sohn verschieden!”
Er spricht: “Er lebt. Geh hin in Frieden.”
Der Heide, der das Wort vernommen,
ging eiliger‚ als er gekommen.
Er glaubte so, als ob er wüßte,
daß jener nicht erst kommen müßte,

nein, mit dem leisesten Gedanken
schon heilen konnte jeden Kranken.
Die Diener – ledig schwerer Pflege – begegnen ihm schon auf dem Wege,
um frohe Botschaft ihm zu geben:
“Gerettet ist des Kindes Leben.”

Wann es geschah, ist seine Frage.
“Um sieben am vergangnen Tage.”
Zur Stunde, da er voller Bangen
den Herrn des Lebens angegangen,
ihn hört’ und ging, – Gott hieß ihn gehen.
So konnte Heil an ihm geschehen,

Heil an dem Sohn und allen Seinen.
Dem Glaubenden wird Gott erscheinen. – Ach hättest, Herr, zu allen Stunden
du so vertrauend uns gefunden:
Wann du befiehlst und welcher Weise,
es sei die rechte Zeit und Speise.

Nr. 21

Mt. 5,15

Ein Licht in meinem Innern bist
du selbst, mein Heiland Jesu Christ.
Ein Scheffel aber ist die Angst
vor dem, was du von uns verlangst.
Ja, wenn man den darüber deckt,
was Wunder, daß uns Dunkel schreckt.

Ein Leuchter ist ein froher Mut,
der liebend deinen Willen tut.
Von ihm aus strahlt der helle Schein
des Lichtes in die Welt hinein.

Nr. 22

Verrat des Petrus.

Du gehst den steilen Weg allein,
auf den wir warfen Stein um Stein,
geschmähter Liebe tiefer Gram.
Wir hüllen unser Haupt in Scham.

Verraten vor dem Hahnenruf
den Namen dessen, der uns schuf,
der voller Liebe auf uns sieht
und uns erbarmend nach sich zieht.

(Nach einer Darstellung von Schw. Lioba Munz.)

Nr. 23

Als Petrus seinen Herrn gesehn
so sicher auf dem Wasser gehn,
rief er: “Bist du es, gib mir Mut,
zu dir zu kommen auf der Flut!”

“So komm!” Als er das Schiff verließ,
gewaltig ihn der Sturm anblies.
Nun sinkt sein Mut. Sogleich spürt er,
es trägt das Wasser ihn nicht mehr.

Da ruft er aus: “Herr, rette mich!”
und schon zieht ihn der Herr zu sich,
steigt mit ihm in das Schiff hinein,
heißt Wind und Wasser stille sein.

Das ist das Wunder, das geschieht:
Wer alles läßt, wenn er Ihn sieht,
den hält der Herr mit starker Hand
den trägt das Meer, als sei es Land.

Nr. 24

Joh. 7,19

“Warum sucht ihr mich zu töten,
der ich nur die Wahrheit sprach?
Würdet ihr in Wahrheit beten,
stelltet ihr mir nimmer nach.

Eure Wege sind nicht grade,
drum begegnet ihr mir nicht,
oder – kreuzt er eure Pfade – tötet den, der Wahrheit spricht.

Meine Wasser in euch fließen
und verrinnen wie im Sand.
Wie soll Leben sich erschließen,
wo nur Dürre ist das Land?

Dennoch folgt euch Gottes Güte,
sein Messias sucht euch heim,
der sich bis zum Kreuze mühte
um des spröden Samens Keim.

Nein, ich kann nicht ewig sterben,
da ich Gottes Wahrheit bin.
Euch zu retten vom Verderben,
gab ich mich dem Vater hin.

Und erwacht zu neuem Leben,
stand ich auf aus Grabes Nacht,
mich zum Himmel zu erheben
in des Siegeskranzes Pracht.”

Nr. 25

“Gebt Gott, was Gottes ist! “Das, Mensch, bist du.
Zurück zu ihm, das ist dein Weg zur Ruh’.
Zwar, wollte er auf unsre Sünden sehn‚
wie könnten wir vor unserm Herrn bestehn?

Doch ist gewiß, daß er, was er begann,
sein Werk, an uns vollenden will und kann.
Dann macht er uns an Früchten überreich,
zu Brüdern, dem geliebten ohne gleich.

Und legt er nicht, seit wir in ihm gesund,
sein königliches Wort uns in den Mund,
in dem er alles schuf, wir neu geschaffen sind,
das – ihm gehorsam – sein Gefallen find’t?

Er ist uns Zuflucht, unsre Kraft ist er,
und jeder Ruf zu ihm kommt von ihm her.
Darum gewiß das glaubende Gebet
niemals umsonst vor seinem Antlitz steht.

So fürchtet ihn in Liebe, hofft auf ihn!
Sein Engel wird uns aus der Schlinge ziehn.
Noch eh‘ wir rufen, neigt an jedem Ort
sein Ohr sich schon entgegen unserm Wort.

Wir feiern das Gedächtnis seiner Tat,
wie uns der Menschensohn geboten hat.
Das ist die Gabe, die das heil’ge Tun
dem Schwachen schenkt: In Gottes Kraft zu ruh’n.

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Teil 3: Mysterium


Nr. 26

Bin ich es, Herr, der mit dir speist
und dich nur mit den Lippen preist?
Bin ich es, Herr, den in dem Kreis
der Jünger als Verräter weiß

dein Blick, dem niemand sich verhüllt?
Bin ich’s, der den Verrat erfüllt,
der wohl an deine Gottheit glaubt
und dennoch dich den Deinen raubt?

Bin ich es, der um schnöden Lohn
im Kuß verrät den Menschensohn?
Antworte, Herr! Antworte: “Nein!”
und stärke mich im Brot und Wein.

Nr. 27

Er nimmt die Sünder auf und ißt mit ihnen,
denn dazu ist er uns im Fleisch erschienen.

Nr. 28

Coena Domini.

O dieses Mahl der Einfachheit
und Unterpfand der Seligkeit:
Der Meister mit den Jüngern speist,
sie in der Liebe unterweist
und ihnen gleich ein Beispiel zeigt,
indem er sich vor ihnen neigt,
nachdem er abgelegt das Kleid.
Da werden Herz und Augen weit.
Das Wunder schauen staunend sie:
der Gott des Himmels beugt das Knie
und spricht zu Petrus: “Laß es sein,
mein Dienen macht euch gänzlich rein.”
Er wäscht die Füße, der doch weiß,
daß sie auf Straßen, staubig, heiß,
mit ihm den Weg zum Ölberg gehn.
Gleich wird er neu beschmutzt sie sehn,
wenn träg sie eingeschlafen sind,
in seiner Not der Blutschweiß rinnt.

Doch wenn durchlitten diese Nacht
und er sein Liebeswerk vollbracht,
soll fortbestehen dieses Mahl
und was er tat in jenem Saal.
“Was ich tat, tut einander euch!
Nur so gelangt ihr in mein Reich!”

Herr, immer, wenn wir vor dir stehn
und fort mit reinen Füßen gehn,
“ganz rein”, wie deine Liebe schwor,
dann nehmen wir uns wieder vor,
zu bleiben, wie du uns gemacht.
Und immer wird es Ölbergnacht.
Wir sind beschmutzt, wir schlafen ein.
Du betest – trinkst den Kelch allein.
Dann sprichst du: “Kommt und laßt uns gehn,
im Kreuz ist Heil an euch geschehn.”

Nr. 29

Du hast dein Päckchen mitgebracht
und bist zu mir gekommen.
Nun habe ich dich heil gemacht
und es von dir genommen.

Was gehst du fort mit müdem Schritt
und bist so voller Sorgen,
als nähmest du es wieder
mit in diesen neuen Morgen?

Nr. 30

Es gibt eine Stunde, da bin ich ganz rein,
ich mag noch so räudig gewesen sein
und noch so verloren in angstvoller Nacht,
da hüllt mich die Gnade in goldene Pracht,
wenn brachten wir, die Ihm geweiht am Altar,
dem Vater das Opfer des Einzigen dar
und nahmen, was unser durch Kreuz und durch Not:
Den Leib des Gesalbten, das rettende Brot.
So soll denn beginnen ein heiliger Tag,
durch den Gottes Güte geleiten uns mag.
Und mühten wir heute uns eifrig und treu,
und fielen wir dennoch: am Morgen aufs neu‘
der Schuldlose opfert für menschliche Schuld,
und wieder erwirbt uns die göttliche Huld.
O Lied ohne Ende, geboren aus Leid!
O Quelle des Segens, dir mache bereit
die Herzen, dich suchend in Liebe und Qual
und die du geladen zum bräutlichen Mahl.

Nr. 31

Bundeslade.

Die Heiden pflegten zwischen Kerubschwingen
die toten Götzenbilder anzubringen,
doch Sion ließ hier Raum dem Einen, Wahren,
Gott, dem Lebendigen und Unsichtbaren.

Nun, da der Liebe neuer Bund geschlossen
und Gnade in die Herzen ausgegossen,
da aufgenommen wurden, die gefallen,
klingt ohne Ende Lob in seinen Hallen,

und über des Altares heil’gem Siegel
des Opfers wölben Engel ihre Flügel.
Anbetend schirmen sie; Mysterium ist hier.
Gott ist in ihrer Mitte, und in Gott sind wir.

Nr. 32

Ich bin ein Rädchen im Getriebe
der Liebe.
Ich darf mich mit den Schwestern mühen,
die glühen.
Ich darf mit ihnen vor dich treten
und beten.
Im Licht viel Früchte an den Zweigen
sich zeigen,
kann das auch kein Baum begreifen,
sie reifen.


Teil 4: Heilige Gemeinschaft


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Nr. 33

“Was wir im monastischen Leben als verborgenen Samen
übernehmen, müssen wir zum Blühen und Reifen bringen.

Aus dem Samen wird die Wurzel und aus ihm das erste Blatt.
Jahre kommen, Jahre gehen, bis er Stamm und Krone hat.

Kannst du von der Wurzel trennen, was sie mit dem Lebenssaft
nährt aus tiefem Mutterboden, der des Baumes Leben schafft?

Bringt er denn nicht alle Jahre neue Blüten, junges Grün?
Reife Früchte, Saft und Samens voll, zur Ernte schmücken ihn.

Seine Wurzel bleibt dieselbe, es erstarkt derselbe Baum.
Seine Krone wird, sich weitend, wachsen in den Himmelsraum,

Weisheit wird sie wohl beschneiden, daß sie sich nicht selbst
bedräng’,

läßt, was dürr und wuchernd, weichen, so wird das Geäst nicht
eng.

Sonne liegt auf allen Zweigen, und sie bieten sich ihr dar.
Fruchtbar sind sie aus dem Leben, das im Samenkorne war.

Höret dieses und verstehet, was die Väter uns erzählt.
Gott aus denen zu uns redet, die nach ihnen er erwählt.

Kostbar bleiben Wort und Regel, und von ihnen aufbewahrt,

wie der Wein den Hochzeitsgästen zum Genuß ward aufgespart.

(Konf. 20.3.1968)

Nr. 34

Gabe

Nein, ich habe nichts zu geben!
Gott gibt, dass ich geben kann,
rechnet überdies zum Leben
mir den Becher Wassers an.

Nr. 35

Herr, ich brauche deine Kraft,
über tausend Müdigkeiten,
über mich hinwegzuschreiten.

Herr, ich brauche deine Kraft,
mich den Brüdern einzureihen,
wollest du sie mir verleihen!

Herr, ich brauche deine Kraft,
jeden Tag dir dar zubringen,
meine Trägheit zu bezwingen.

Herr, ich brauche deine Kraft,
das Gelobte auch zu leben.
Du nur kannst und wirst sie geben.

Nr. 36

Im Chor. (1)

Singe ich begeistert mit im Chor,
komm ich mir, als hätt’ ich Stimme, vor.
Aber sänge ich mein Lied allein,
ach, wie würde das erbärmlich sein.

Nr. 37

Im Chor. (2)

Mein Platz ist eng, o Herr, du weißt es,
und doch: er ist in deinem Haus,
und: “Selig, die dort wohnen,” heißt es,
“sie singen nie dein Loblied aus.”

Bedrängt zur Linken wie zur Rechten,
so stehe ich vor dem Altar,
und doch ein Knecht mit deinen Knechten
und doch ein Streiter deiner Schar.

Was würde weiter Raum mir nützen,
war ich dir ferne und allein?
So gib, daß wir einander stützen
und uns, wie du’s fügst, fügen ein.

Nr. 38

Und wir?

Als Christus ward ans Kreuz geschlagen,
da war kein Zorn und auch kein Klagen,
nein, Beten für die harten Herzen,
die retten sollten seine Schmerzen.

Und wir, die wir, was ihm geschehen,
einander tun und nicht verstehen,
daß Henkern gleich den Hammer heben
wir gegen unsrer Brüder Leben

und Nägel in die Glieder treiben,
wenn wir die Liebe schuldig bleiben:
wir jammern laut, sobald wir spüren,
daß Hände unsanft uns berühren.

Nr. 39

Der Lichtputzer

Die Kerzen, heil’gern Dienst geweiht,
hell sollen brennen allezeit.

Ein reiner Glanz den Schöpfer ehrt
nur, wenn sich ganz der Docht verzehrt.

Doch ist – statt aufrecht – er gekrümmt,
so daß er kaum noch schwelt und glimmt:

Kein Wohlgeruch ist solcher Rauch,
die klaren Augen trübt er auch.

Und dann – es dauert gar nicht lang – wird rauh die Kehle, der Gesang.

Da hilft nur eins: ein rascher Schnitt
nimmt die verkohlten Reste mit.

Und seht! Das Licht ist grad’ und rein,
es wird Gott wohlgefällig sein.

Es leuchtet, daß es ihn erfreut
und den, der’s “Gott zur Ehr’” betreut.

Wie oft er schneidet? Nennt die Zahl!
Wohl siebenzig mal siebenmal.

Nr. 40

Vereint am Werk – vereint zum Ziel!
Mit Gott ist es ein Liebesspiel.

Nr. 41

Sic veniet, alleluja.

Sankt Benedikt als Buße nennt
den Ausschluß, weil er schmerzlich brennt.
Oft schließt ein Amt im Gotteshaus
den Mönch von der Gemeinschaft aus.

Zwar der Gehorsam ihn vereint
dem Kreis, der ihm verschlossen scheint.
Und schließlich muß es ja so sein.
Auch Christus war am Kreuz allein.

Doch, wenn am Ende dieser Zeit
du, Herr, erscheinst in Herrlichkeit-
wenn ruft der Engel des Gerichts,
zu stehn im Urteil deines Lichts,

wenn du, erhöht am Lebensbaum,
mit Glanz erfüllst den Weltenraum,
wenn du erbarmend niedersiehst
und all das Deine an dich ziehst,

der Mensch sich aus der Gruft erhebt,
dem König jauchzt, dem alles lebt,
das Grab gibt die Erlösten frei –

sind A l l e ganz bestimmt dabei.

Nr. 42

Was hämmern sie, was feilen sie,
die Tag um Tag mich quälen?
Was brennen sie, was ätzen sie?
Ich will es euch erzählen.

Was pressen sie, was drücken sie,
als ginge es nicht ohne?
I c h sträube mich – nur Gott weiß wie!
S i e schmieden meine Krone.

Nr. 43

“Komm Herr!” – “Ja, siehe, ich bin hier.
Empor die Augen! Um dich schaue!
Was kommt, das bringt mein Heil zu dir.
Aus allem ich dich mir erbaue.

Der einen Dienst von dir begehrt,
ich bin’s! Tu’ auf! Gewähr’ die Bitte!
Der dir befiehlt und dich belehrt,
ich bin es, wohn’ in deiner Mitte .

Der Berg versinkt und füllt das Tal.
Du findest dich auf graden Wegen.
Ich komme viele tausend Mal’.
Sieh, Sion, auf, – geh mir entgegen!”

Nr. 44

Wenn ich ein Unrecht hab getan,
so kann ich es bereuen,
kann den, dem ich es angetan,
wohl bitten, zu verzeihen.

Doch fließen Tränen noch so heiß,
will ich vor Not vergehen,
den Dorn nicht aus dem Fleisch ich reiss’,
es wird nicht ungeschehen.

Es wächst und wächst und wird so groß,
ich kann es nicht vergessen,
ist wie ein Strom, der uferlos.
Kann ich den Schaden messen?

Was ich zertreten heute hab,
ach, mögest du es heilen.
O Gott, vom Himmel schau herab,
zuhilfe uns zu eilen.

In deine Liebe schließe ein,
die lieblos ich verletzte.
Lass ausgelöscht das Feuer sein,
das jäh in Brand ich setzte.


Teil 5: Im Jahreslauf


Nr. 45

Festtag.

Dornen, Disteln soll die Erde bringen,
sprach der Herr, doch du sollst sie bezwingen
und in deines Angesichtes Schweisse
schaffen um dein Brot mit zähem Fleisse.

Noch ein andres hat der Herr verkündigt,
weil er liebt den Menschen, der gesündigt:
Feiert frohe Feste und zuzeiten
sollt ihr süße Speisen auch bereiten,
auch dem armen Bruder davon geben
und mit Kränzen schmücken euer Leben.

Denn der Mensch, ob auch geprüft im Leide,
kann und soll nicht leben ohne Freude.
Ich, der Schöpfer aller Welt und Zeiten,
bin die Fülle aller Seligkeiten.
Sie sind euer Ziel, ich will euch führen.
Ihr dürft jetzt schon etwas davon spüren.

Nr. 46

Der Esel.

“l-a! I-a!” Wer schreit denn hier?
Nikolaus‘ treues Eseltier.
Wir haben Eil‚ den Sack macht leer!
Er kommt direkt vom Himmel her.
Wer heilig ist, war Mensch wie ihr.
Durch Wohltun ward er Himmelszier,
und daß man dieses nicht vergißt,
alljährlich ein Gedächtnis ist.
Johannes schenkt euch einen Wein,
Sankt Agatha ein Brötchen fein,
‘nen Braten schenkt St. Martin euch,
Elisabeth ein Wams, so weich,
und endlich schüttet Nikolaus
den vollen Sack mit Gaben aus.
Doch schnell ich nun von dannen trab’.
Noch einen weiten Weg ich hab’.

Es lädt ein Kind, so schwach und klein,
der Herr der Welt, mich zu sich ein.
Und was es schenkt, erfüllt das Land.
Der Friede ist in seiner Hand.
Sein Kommen macht die Wüste grün,
wenn wir ins Land der Heiden ziehn.
Da leih‘ ich meinen Rücken gern
der Mutter mit dem höchsten Herrn.
Ich tausch mit keinem König, nein,
ich will nichts, als ein Esel sein!”

Nr. 47

Sankt Nikolaus, der gute,
kam heuer ohne Rute.
Ein Buch ward, aufgeschlagen,
das Böse anzuklagen.
Erkennen, daß man Liebe
gekränkt, schmerzt mehr als Hiebe.

Die Weisheit will uns lehren,
die Liebe uns bescheren.
Wo Friede hält die Zügel,
ausgleicht sich Tal und Hügel.
Gott Dank für dieses Leben!
Umsonst wird es gegeben.

Nr. 48

Gott von Gott empfing, die Gott gebar,
da nur ihm sie hingegeben war.
Menschensohn trat er aus ihrem Schoß‚
weil ein Mensch als Mutter ihn umschloß;

doch der Vater auf dem höchsten Thron
sprach und hieß ihn seinen lieben Sohn.
Weil sie einzig das, was Gottes, sann,
geht den Jungfrau-Bräuten sie voran.

Nr. 49

Du, die erkennt auf Erden keinen Gatten,
dich wird die Kraft des Höchsten überschatten,
und du sollst Gott im reinen Leibe tragen,
er wird dein Sohn und wird dir Mutter sagen.
Du sollst ihn Heiland und Erlöser nennen,
an dieser Frucht wird dich dein Gott erkennen.

Nr. 50

Der grelle Weihnachtsschmuck der Straßen
ist voller Engel, voller Sterne.
Lichtübergossen sind die Gassen
der Menschen, die dem Licht noch ferne.

Du wähnst auf bunter Gabenhülle
entweiht die heiligen Gestalten?
Ist nicht auch Suchen nach der Fülle
im Raum der irdischen Gewalten?

Sie greifen nach den Himmelszeichen,
um höchste Freude auszudrücken.
Wann wird der Gottmensch sie erreichen,
daß sie sich mit dem Kreuze schmücken?

Nr. 51

Die Mutter.

Marie, im Sorgen für ihr Kind
ist so, wie alle Mütter sind:
Sie wäscht die Windeln, kocht den Brei,
sorgt, daß es satt und reinlich sei,
wäscht ihm die großen Augen klar
und kämmt das schwarze Lockenhaar.
Sie webt ihm nahtlos das Gewand
und führt beim Schreiben ihm die Hand.
Sie schenkt ihm Mutterzärtlichkeit
in Kindesfreud und Kindesleid.

Doch sinnt sie auch darüber nach,
was einst der Engel zu ihr sprach:
Daß dieses Kind aus ihrem Schoß
des Höchsten Sohn, unendlich groß
und ihm bestimmt vor aller Zeit
sei Davids Thron in Ewigkeit,
in ihm gelöscht wird Adams Schuld,
kehrt Jakob heim in Gottes Huld.

Sie weiß um seine Todespein
und läßt ihn darin nicht allein.
Sie trägt das Leid, von dem sie schweigt,
die Wunde, die sie keinem zeigt. – Indem sie still bestellt ihr Haus,
führt sie im Kleinen Großes aus.
Sie schenkt im Sohn sich selbst dahin
Nun ist sie Himmelskönigin.

Nr. 52

Epiphanie

Den Weisen, die in Sternenstunden
das übergroße Licht gefunden,
von dem die Menschenherzen brennen,
in dem sie suchen Gotterkennen‚
kommt er gewiß auf seinen Wegen,
den unerforschlichen, entgegen.

Die folgten vielen andren Sternen
und glauben sich in weiten Fernen,
sie brauchten sich nur wenig wenden,
zu schauen ihn mit offnen Händen,
bereit sie liebend zu umfangen,
denn er ist ihnen nachgegangen.

Nr. 53

Zum neuen Jahr.

Ein Jahr in Gottes Arm getragen,
in seiner Hut – Dank laßt uns sagen.
Ein Jahr gelebt aus seinem Leben – ein neues wird uns nun gegeben.

Herr, wollest voller Huld den Deinen
in immer neuem Licht erscheinen
und immer neu herniedersteigen,
uns deine Herrlichkeit zu zeigen.

Ein neues Jahr mit deinem Segen
laß uns in deine Hände legen
und schenke Liebe, schenke Stärke
und Saat und Ernte unserm Werke.

Nr. 54

Septuagesima.

Todesschatten mich umgeben.
Herr, ich schrei in meiner Not.
Sterbend gabst du mir das Leben,
so entreiße mich dem Tod.

Höllenqualen mich bedrängen,
über mir schließt sich die Flut.
Strudel mir die Brust beengen,
mich erdrückt der Stürme Wut.

Doch du hörst mein lautes Schreien,
und von deinem heil’gen Haus
greifst du, Hilfe mir zu leihen,
nieder und reißt mich heraus.

Nr. 55

Rosenmontag.

Rosen streut in Heiterkeit
vor das Tor der Fastenzeit,
denn ein fröhliches Gemüt
so wie eine Blume blüht.

Regen und auch Sonnenschein
nimmt es still in sich hinein,
weiß sich ja von dem geliebt,
der den bunten Wechsel gibt,

sorgt, daß es im Vielerlei
fest in ihm verwurzelt sei,
wo die wahren Freuden sind,
und so wird es wie ein Kind.

Nr. 56

Fastnacht.

Menschen tragen heute bunten Tand,
klingend Schellen am Hanswurstgewand.
Es maskiert sich auch der ernste Mann,
daß er mal den Narren spielen kann.
Furchtbar ist es, sieht der Mensch, erwacht,
daß er aus dem Spielen Ernst gemacht
und, was er vertan an diesem Tag,
nimmer wieder er gewinnen mag.

Wir hingegen tauschten allen Tand,
und wir nahmen Christus zum Gewand,
der uns nur den wahren Frieden bringt,
wenn er unser Wesen ganz durchdringt.
Halt uns, Herr, von dieser Lüge frei,
daß uns Christus Maskerade sei.

Nr. 57

Pascha.

Seine Freude war vollendet,
als er aus dem Grabe sprang.
Jubelnd er die Jünger sendet,
die verharrten traurig, bang:

“Eure Freude wird vollkommen,
allen Gebet Teil daran,
nicht wird sie von euch genommen,
weil sie niemand nehmen kann.

Herrlich werden eure Wunden,
wie ihr nun die meinen seht.
Freudig sollt ihr es bekunden,
wenn herab der Tröster weht,

eure Herzen zu entzünden,
daß sich auftut euer Mund,
meine Freude zu verkünden
auf dem ganzen Erdenrund.

Nr. 58

Ostern.

Neues Leben schmückt die Flur,
österlich ist die Natur,
Knospen sind an Baum und Strauch
und im Menschenherzen auch.

Sonne strahlt am Himmelszelt.
Siegreich thront der Herr der Welt,
der als Mensch zur Erde kam
und die Sünden auf sich nahm,

starb und stieg zum Staub hinab,
ging lebendig aus dem Grab. –

Knospen springet, Blumen blüht,
freudig um die Frucht euch müht.

Nr. 59

Wenn der Frühlingshimmel blaut,
horch! — im Ei ein zarter Laut – pocht es an die Hülle.
Leben wächst und will ans Licht.
Wenn die Schale springt und bricht,
wird es euch in Fülle.

Schwingen wachsen dann geschwind,
die zum Fliegen nötig sind.
Klang dringt aus der Kehle.
Wie die Vögel laßt uns sein
froh im Ostersonnenschein.
Singe, meine Seele!

Nr. 60

Bittag.

Betet, bittet ohne Ende,
daß der Herr die Drangsal wende,
daß er unsern Werken Weihe,
unsern Fluren Frucht verleihe,

daß wir böse Taten lassen,
daß wir keinen Menschen hassen,
daß, was Heilige gelitten,
helfe uns durch ihre Bitten,

daß wir durch gewährte Gnade
wandeln auf gerechtem Pfade
und das Wunder Christi Lebens
bleibe nicht für uns vergebens.

Ob wir heut in Litaneien
flehentlich um Hilfe schreien,
ob wir täglich vor dich treten,
singend oder schweigend beten,

ob wir unsre Hände rühren,
immer mögest du uns führen,
immer lasse dich beschwören,
unser Bitten zu erhören.

Nr. 61

Pfingsten. (1)

Du bist gekleidet in dein Blut.
Wie Licht, das früh den Himmel rötet,
tauchst du die Welt in Liebesglut
des Gottes, der als Mensch getötet,

der, ganz geopfert, ist das Licht
der Welt für Juden und für Heiden,
das nun als Tröster in uns spricht,
die reife Frucht aus deinem Leiden.

Nr. 62

Pfingsten. (2)

Hörst du denn nicht das stürmische Wehen
Gottes über die Erde gehen?
Hörst du denn nicht das gewaltige Sausen
göttlichen Geistes die Welt durchbrausen?

Hörst du es nicht? Wie mächtiges Singen
will es zu Ohren der Tauben dringen,
will es die Seelen auf himmlischen Stufen
zu der verheißenen Tröstung rufen.

Richte entgegen das Herz und die Sinne!
Sieh, es bestürmt dich die göttliche Minne!
Christ hat versprochen, er werde sie senden,
um alle Trauer in Freude zu wenden.

Nr. 63

Assumptio.

Völker hebt den Blick und schaut:
Sie ist Mutter, sie ist Braut.
Er, mit dem der Engel ringt,
lechzt, daß er ihr Kind verschlingt.
Doch wie sehr er ihn bekriegt,
fürchtet nichts! Der Engel siegt!

Nr. 64

Allerheiligen

Singt das Lied, das ewig neue:
Gottes Liebe, Gottes Treue
ist allein das Heil der Welt,
denn die einst verloren waren,
er in ungezählten Scharen
nun zu seiner Rechten stellt.

Als die Jünger, die verzagten,
ihren Herrn und Meister fragten:
“Steht es so mit deinem Reich,
wer kann dann gerettet werden
von den Menschen auf der Erden?”
sprach der Menschensohn sogleich:

“Menschen können’s nicht vollbringen,
Gottes Gnade wird’s gelingen,
denn sie macht den Menschen klein,
und so mag er kindlich hoffen:
in das Paradies, das offen,
geht durch‘s Nadelöhr er ein.”


Teil 6: Gott suchen


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Nr. 65

Beter

Die Seele, die zum Schöpfer spricht,
ist wie ein kleines Osterlicht,
am großen angezündet.
An seinem Platze aufgestellt,
es in dem Kreis, den es erhellt,
das Dunkel überwindet.

Die Motten und das Nachtgetier
verbrennen sich die Flügel hier,
das Licht brennt ruhig weiter.
Es ist so klar, so weiß und rein,
vor Gott so groß, weil es, ob klein,
sich still verzehrt und heiter.

Nr. 66

Unnötige Not!
Gott weiß jeden Kummer.

Unnötige Not!
Gott kennt keinen Schlummer.

Unnötige Not!
Die Liebe wird wenden

unnötige Not
mit göttlichen Händen.

Nr. 67

Deine Worte zu betrachten,
will dem Schwachen nicht gelingen,
doch auf deine Wege achten
kann ich und dein Loblied singen.

Nr. 68

Du bist mein Gott. Von deiner Hand
ist alles, bin auch ich umspannt.
Bin ich auch klein, bist du so groß,
von dir gewogen ist mein Los.
Von meinem Haupt ist jedes Haar
gezählt, wie es geschaffen war
von dir, und du verläßt mich nicht.
Ich steh vor deinem Angesicht
und bitte, sende deine Kraft,
die immer wieder neu erschafft,
was der Versagende zerstört,
der Mensch, der sich gen Gott empört,
den zu erretten, du erschienst,
der widerwillig tut dir Dienst,
der richtet nur, statt daß er liebt,
der gerne nimmt und ungern gibt.
Der schwor aufs Kreuz und es nicht will
Du bist mein Gott. – O mach es still,
was bitter in mir ist, was gärt,
wie eine böse Wunde schwärt.

Du bist mein Gott, der diese Welt
des Frevels und des Grau’ns erhält,
der uns nach unerforschtem Rat
durch seinen Sohn verkündet hat:
Dies alles muß zuvor geschehn,
daß Menschen voller Angst vergehn,
daß Not und Folter, tiefste Nacht
fast die Erwählten irre macht.
Du bist mein Gott. Der Mensch, dein Bild,
haßt und zerfleischt den Bruder wild.
Was Bosheit nur ersinnen kann
an Qual, tut er dem Andern an.
Du bist mein Gott und siehst dem zu.
Doch deine Herrlichkeit schenkst du
dem, der geduldig alles trug,
bis deine Liebe sprach: “Genug!”

Du bist mein Gott. In deiner Hut
bin ich bewahrt. So gib mir Mut!
Nur wenig ist’s, was du verlangst.
Und dennoch ist mein Leben Angst.
Ich halt es fest und geb’s nicht her,
und darum wird es mir so schwer.

Du bist mein Gott, der Wunder tut,
und ruhig ist, wer in dir ruht.
Die Ruhe, die nicht Trägheit heißt,
verleihe mir durch deinen Geist,
der unser Herz zum Tun entflammt
aus Liebe, die vom Himmel stammt.
Daß ich nicht sei dem Feind zum Spott,
sei du mein Schild!

Du bist mein Gott.

Nr. 69

Erkenntnis.

Erkennen das, was zu beweinen,
mag wichtig sein und wichtig scheinen,
Doch, Gottes Liebe zu erkennen,
ist das, wovon die Herzen brennen.

Nr. 70

Was trägst du schwer mit dir herum
und machst des Herzens Jubel stumm?
Ja, glaubst du denn, daß Gott betrügt,
glaubst du, dass dein Erlöser lügt,
die Rechnung, die er selbst begleicht,
dir immer wieder überreicht?

Nr. 71

Trost.

Alles, was ich bin und habe,
Herr, mein Gott, ist Deine Gabe.
Leben, sein und mich bewegen,
kann ich nur in Deinem Segen.
Solltest Du mich da nicht kennen,
all mein Sehnen, all mein Brennen
nicht in Deiner Liebe stillen,
zu Dir lenken meinen Willen,
auf Dich richten mein Verlangen,
von mir nehmen Not und Bangen?

Darum laß mich zu Dir eilen,
Deine Qual am Kreuz zu teilen.
Laß mit Glauben und Vertrauen
in Dein leeres Grab mich schauen,
um mit heiligem Entzücken
Deine Engel zu erblicken.
Laß mich dann zu Deinen Füßen
den verklärten Meister grüßen,
meinen Namen hören nennen,
den Lebendigen erkennen.

Christus lebt, wird nimmer sterben,
abgewandt ist das Verderben,
überwunden ist das Leiden
und zuende alles Scheiden,
da wir uns in Ihm vereinen. –

Frau am Grab, du brauchst nicht weinen.

Nr. 72

Sieh auf uns aus deinen Höhen,
Vater, der du uns erschufst,
Schöpfer, der du die Geschöpfe
immer vor dein Antlitz rufst.

Lass dein Auge auf uns ruhen,
lass uns spüren: du bist da.
Wenn wir nur das Herz erheben,
wissen wir: du Herr bist nah.

Lehre uns, behutsam wandeln,
nachzugehen deiner Spur,
denn uns Menschen eingegossen
hast du göttliche Natur.

Darum finden wir nur Frieden,
wenn wir, lebend, in der Welt,
immer neu dem Blick begegnen,
der uns folgt vom Himmelszelt.

Nr. 73

Weckruf Gottes.

Jeden Tag steh’ Ich für dich bereit.
Jeder Tag ist deine Gnadenzeit.
Jeden Tag bin Ich in dir das Lied
und von Mir kommt alles, was geschieht.

Nr. 74

Beim Erwachen.

O wären meine Augen ganz verschlossen,
verhüllten Deiner Schöpfung holdes Bild,
die Seeligkeit, die Du mir eingegossen,
ließ mich erkennen, Herr, dass Du bist mild.

Nun öffne ich die Augen beim Erwachen,
nachdem Du mich in sanften Schlaf versenkt,
und grüße froh die Wände und die Sachen,
mit denen Deine Liebe mich beschenkt.

Wie sorgst Du, dass ich wohne, Du mich bettest
und mich in Deinem Hause pflegst, ernährst.
Damit Du mich für Deinen Himmel rettest,
auf Erden Du, was ich bedarf, gewährst.

Du fügst Tag um Tag hinzu in Deinem Segen.
Im Kreis der Deinen darf ich sorglos dienen.
Behüten läßt du mich auf Deinen Wegen:
Fürwahr, die Güte selbst ist mir erschienen.

Nr. 75

Rückweg vom Tor!

Wie solches Torschloß bist auch du.
Es geht nicht auf, es geht nicht zu.
Es hemmt, wenn du es eilig hast.
Es liegt an ihm! – Der Schlüssel paßt!

Es überzieht sich ganz mit Rost.
Wieviel es Not den Torwart kost‘,
das ist ihm völlig einerlei. – Es ist verbockt und bleibt dabei.

Wie oft, wie herrlich man es schmiert,
an ihm sich Liebesmüh’ verliert.
Am nächsten Tag schon wieder muckt
es störrisch, wenn man daran ruckt.

Es trotzt, und es begreift es nicht,
daß einmal so das Schloß zerbricht.
I h m fehlt die Einsicht, i c h seh’ ein,
wie dieses Schloß darf man nicht sein.

Nr. 76

Dreimal Schiffbruch für den Herrn Christ
dem heiligen Paulus beschieden ist.
Tausendmal Schiffbruch aber trifft mich
jeden Tag für das liebe Ich.

Wenn Zorn sind die Wogen und Sturm ist der Stolz,
dann möge mich tragen das rettende Holz.
Dann halte mich deine so siegreiche Hand,
gieß Oel auf das Wasser und bring mich ans Land.

Nr. 77

Ein Stäubchen, weiß man es genau,
wie es entsteht? – Man heißt es grau.
Kaum sieht man’s, wenn der Himmel weint.
Aufblitzt es, wenn die Sonne scheint.

In hellen Schwaden es sich wiegt,
sofern es nicht schon stille liegt,
mit Myriaden seiner Art
zu einem grauen Flor geschart.

Es wird aus Dingen winzig klein,
verschieden jedes, keines rein,
und ist, zu Flocken nur geballt,
recht widerlich schon von Gestalt,

weshalb man – sei’s auch mit Verdruß – Staubflocken stets entfernen muß.
Wie häßlich ist’s – wer’s hat, merkt’s kaum – am Mantel – und Kukullensaum‚

und dabei läuft man noch Gefahr,
so zu erscheinen am Altar. – Das ist’s, was jede Flocke spricht:
“Gering acht’ – selbst das Kleinste nicht,

weil leicht es auch dem Mönch gelingt,
daß Stäubchen er zusammenbringt.
Unmerklich sich’s geschwinde ballt
zu graulichgrauer Ungestalt.

Entsetzen packt den, der es schaut,
spitzfingrig packt, wovor ihm graut,
daß Gottes Haus von solchem frei
und rein der Weg für alle sei.

Nicht leicht wirft weit man’s von sich fort.
Ein Hauch bringt’s an den gleichen Ort.
Da hilft nur: alle Tage neu
den Staub zu saugen still und treu. – So bringt man auf ein Minimum,
worum man ganz nicht kommt herum.”

Nr. 78

Wirft man ins Wasser einen Stein,
sinkt er zwar auf der Stelle ein,
doch bildet sich, wie jeder weiß,
nun Ring um Ring ein großer Kreis.

So zeichnet auch des Schiffes Kiel
mit seiner Spur das Wellenspiel
und gleitend längst auf ferner Bahn,
zeigt es noch seine Richtung an. –

Es ist die Welt so voller Not:
Der Bruder schlägt den Bruder tot,
doch nicht nur das. Entsetzlich quält
er, den sich Gott zum Bruder wählt.

Und jede Härte wie ein Stein
wirkt wachsend in die Welt hinein.
So grauenvoll, wie wahr ist das:
Der Haß zeugt Haß und wieder Haß. –

Und darum ist, was Christus lehrt,
so über alles Wissen wert,
und glaube niemand, der ein Christ,
daß er gar unbedeutend ist.

Der Geist, in dem er sich verschenkt,
sich in der Menschen Herzen senkt.
Und sind es wenig, die er froh
entläßt: sie machen’s ebenso.

Nr. 79

O, weine nicht! Was immer du verdorben!
Für alles das ist Christus ja gestorben.
Die du gekränkt‚ wird er getröstet haben
und froh gemacht mit seiner Liebe Gaben.
Er fehlte nicht, Verfolgten beizustehen,
mit ihnen in die Todesqual zu gehen.
Und haben sie nicht Grab, nicht Kreuz noch Hügel,
sie schliefen ein im Schatten seiner Flügel.

Nichts ist, daß der nicht zugewogen hätte,
der dich auf Fittiche erhob, daß er dich rette
So wie der Adler hob sein Junges auf zum Flug
und es davon auf seinen Schultern trug,
so spannte er die weiten Flügel aus,
trug dich zu seinem königlichen Haus.
O, weine nicht, was immer du verdorben,
für alles das ist Christus ja gestorben.

Nr. 80

Niemals bin ich allein, denn du bist da,
wenn ich dich rufe, bist du, Herr, zugegen,
und nichts in aller Welt ist mir so nah’,
als der die Welt gemacht mit seinem Segen.

Mein Herr, der mich erschuf, erbarme dich
und lass mich unter deinen Augen wandeln.
Lass mich – stets wachsam – hören Deinen Ruf
und dann nach deinem Wohlgefallen handeln.


Teil 7: Haus Gottes


Nr. 81

Montecassino

Da schaut ein Mensch, noch tief im Tal,
die Welt in einem Sonnenstrahl.
Gesegnet ist er und bestimmt,
daß er den Weg zur Höhe nimmt.

In Trümmern liegt ein Heiligtum,
erbaut einst zu der Götter Ruhm.
Zusammen trägt er Stein um Stein
und läßt sie feste Mauer sein.

Und Kirche, Brunnen, häuslich Dach
fügt er zum Ganzen nach und nach.
Von diesem starken Gotteshaus
ging väterliche Weisung aus.

In diesem Haus ward Gott gelobt,
ob man ihn ehrlich sucht, erprobt.
Die Kunst und wahre Weisheit ward
mit heil’gern Wort und Lied gepaart.

In diesem Haus ward still gelebt
und nach dem höchsten Ziel gestrebt.
Es wuchs empor zum weiten Dom.
Von ihm ging aus ein Friedensstrom.

Wo dieser Strom vorüberzieht,
entsteht ein Haus, erklingt ein Lied,
das tief und fromm und hell und froh:
“Benedicamus Domino!”

Nr. 82

Gott hat die Sorge für mich übernommen,
sein Haus ist mein, und ich bin gänzlich sein.
Sagt an, von wannen ist mir dies gekommen?
Mich hüllen schützend seine Schwingen ein.

Nr. 83

Wilder Wein.

Du wilder Herbstwein! Rot und grün
die Ranken dein das Haus umziehn,
daß – Blatt an Blatt – ein dichtes Kleid
es einhüllt vor der Winterszeit.

Ein Kleid, so festlich vorm Vergehn,
so herzergötzlich anzusehn.
Blatt-Trauben, unvergleichlich zart,
in Form und Farben holder Art,

sie hängen nieder, sanft bewegt,
sobald sich nur ein Lufthauch regt.
Ein Himmel, leuchtend blau und rein,
ein gold’ner, später Sommerschein!

O du, des Sterbens Jahreszeit,
wie machst das Herz du froh und weit!
Wie webt Gott aller Farben Schein
dir in dein letztes Festkleid ein

und schmückt dich golden, grün und rot,
denn nimmer ist das Sterben Tod,
nein, seliges Hinübergehn
zum Leben und zum Auferstehn.

Nr. 84

Sperling.

Laß mich deines Hauses Sänger sein
wie der Sperling, der ganz unbeschwert
zwitschert, mag das Lied auch kunstvoll sein,
das er von den andern Vögeln hört.

Ach, wie wenig ihm zu Herzen geht,
daß sein Sang nicht so erlesen ist,
denn von ihm allein geschrieben steht,
daß der Vater seiner nicht vergißt.


Teil 8: Altarbild


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Nr. 85

Jacobs Traum.

Als Bruder vor dem Bruder – wie gottverlassen – flieht,
er zwischen Erd und Himmel
im Traum die Leiter sieht
und zwischen Gott und Menschen
die große Engelschar,
die, auf- und abzusteigen,
von je gesendet war.

Aus ihm, der glaubt zu sterben,
dem Land der Väter fern,
wird, aller Welt zum Segen,
aufgehen Jacobs Stern.
Das Heil für alle Völker
aufsprießt aus seinem Stamm.
Schaut er – am Kreuz verblutet – das fehlerlose Lamm?

Den Kommenden zu schauen,
hat ihm der Herr gewährt.
Im Lichte Seiner Gnade
sein Antlitz sich verklärt.
Es reißt ihn aus dem Schlummer,
und seine Seele bebt.
Er weiß: das Heil der Erde
in seinem Samen lebt.

Erwachend wirft sich nieder,
dem dies verheißen war.
Der Stein, auf dem er ruhte,
er salbt ihn zum Altar.
“Herr, furchtbar ist die Stätte
und heilig dieser Ort,
hier ist dein Haus auf Erden
und deines Himmels Pfort’!”

Wie ist von ihm gewichen
Furcht, Lüge, Hader, Groll.
Nun wird er willig dienen
und ist des Friedens voll.
Was immer ihm beschieden,
er trägt es in der Kraft,
die felsenfestes Bauen
auf Gottes Wort erschafft.

Nr. 86

Gotteskindschaft.

Du Menschenkind in Gottes Armen,
der König dich auf Händen trägt.
Dein Urteil lautet ja: Erbarmen.
Blut gegen Schuld der Engel wägt.

Dein Seligsein ist Jesses Blüte
und ihre Frucht, der edle Wein,
das Übermaß der Gottesgüte. – Und dies wird ohne Ende sein.

Nr. 87

Es kommt ein Schiff geglitten
wohl aus der tiefen Nacht.
Viel Seelen, die gestritten,
sind seine stille Fracht.

Es hat dem Löwenrachen
der Engel sie geraubt,
führt sie in seinem Nachen
zu ihm, dem sie geglaubt.

Sie wachen auf, umgeben
von Seinem goldnen Licht.
“Sagt, werden wir nun leben
vor Seinem Angesicht?”

Das ist die bange Frage,
die dem in Antlitz steht,
der auf des Engels Waage
um mildes Urteil fleht.

Schaut, auf der andern Schale
aufleuchtet heilig Blut.
Daß es die Schuld bezahle,
floß es aus Liebesglut.

Nun darf die Seele steigen
zum Schoß auf höchstem Thron,
inmitten Engelreigen
gewiegt von Gottes Sohn.

So wird uns alle Tage
ein gütiges Gericht,
weil auf des Engels Waage
Gott selber für uns spricht.

Nr. 88

Der Mensch erhebt sich in der Nacht,
weiß nicht, ob’s Traum ist, ob er wacht,
da ihn ein starker Arm umschlingt
und bis zum Morgen mit ihm ringt,

weil er sich ihm nicht beugen will!-
Dann macht ein jäher Schmerz ihn still.
Er spürt, daß er sich dem nicht gibt,
der mit ihm kämpft, weil er ihn liebt.

“Sieh da, der Morgenröte Licht!
Nun lass’ mich los!” – “Ich lass’ dich nicht,
bis mich gesegnet deine Hand.”
“Wie heißt du?” – “Jakob hielt dir stand.”

“So sei nun Israel genannt!
Erkenne, daß, dir unerkannt,
Gott selber heute mit dir rang.
Dir sei vor Menschen nimmer bang.”

Und Jakob bat: “Aus deinem Mund
nun werde mir dein Name kund.”
“Warum doch fragst du, wer ich bin?
Ich segne dich! – Nun ziehe hin!”

Ist auch gelähmt hinfort sein Lauf,
hell strahlt ihm nun die Sonne auf.
Er schaute Gottes Angesicht,
und dennoch traf der Tod ihn nicht.

Und Jakob nannte diesen Ort
“Das Antlitz Gottes” und zog fort
mit Weib und Kind und Hab und Gut,
befreit von Furcht, beschenkt mit Mut.


Teil 9: Schöpfung


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Nr. 89

Der abgebrochene Ast.

Der große Baum trägt manchen Ast.
Nun nahm der Sturm von seiner Last
den stärksten Zweig vom alten Baum.
Sieht man den Ast, begreift man kaum,
wie er den Bruch nicht einen Tag
aus seiner Kraft ertragen mag.
Die Blätter hängen welk und schlapp,
die Frucht nimmt man ihm unreif ab.

Zwar steht der Baum mit starkem Schaft, doch weit in ihm die
Wunde klafft,
und schwerlich wird sie wieder heil.
Von ihm gerissen ist ein Teil,
das wuchs mit ihm jahraus, jahrein
hoch in den Himmelsraum hinein.
Von ihm getrennt, ist es entseelt,
ein Glied, das seinem Baume fehlt.

Herr, schütze uns in Sturm und Wind,
daß wir am Holz lebendig sind!

Nr. 90

Am Brunnen.

Das Wasser hat nur eine Stimme,
doch hat es tausend Melodien:
ob hallend es von Bergen stürzet,
ob sanft im Tal es wellt dahin,

ob Meereswogen mächtig krachen
und dröhnend schlagen an den Strand,
ob leise singend trägt’s den Nachen, behutsam führt ihn an das
Land,

ob murmelnd es im hohen Grase
die Erd‘ als klarer Quell verläßt,
wo leicht darüber hüpft der Hase,
wo friedlich trinkt das Reh und äst.

Du Bild der heil’gen Gottesgabe,
durch die getränkt wir sind und rein,
für dich gibt alle seine Habe
der Mensch, um Gottes ganz zu sein.

Nr. 91

Das Feuer ist gegeben
zu mancher Kraft im Leben.
Doch muß man es behüten,
soll’s nicht verheeren, wüten.
Die dieses nicht erkennen,
sie werden peinvoll brennen.

Es läutert Gold und Eisen,
bereitet uns die Speisen.
Es backt die kräft’gen Brote,
läßt rauchen alle Schlote,
durchströmt aus tiefen Gluten
das Haus mit Wärmefluten.
Es zündet an die Kerzen,
macht hell und froh die Herzen.

So wie mit allem Leben,
ist uns auch hier gegeben
ein Bild von jenen Flammen,
die aus dem Himmel stammen.
Das Feuer brennt die Schlechten,
mild ist es den Gerechten.
In ihm das Heil sie schauen,
das sanft die Himmel tauen.
In ihm sie mit ihm wandeln,
die nach der Liebe handeln.
In ihm sie Gott Lob singen
und Preis mit allen Dingen.

Nr. 92

Vorfrühling.

Die Tage werden länger,
und eher steigt das Licht.
Bald wird der Winter weichen:
mein Herz verzage nicht!

Die Bösen und die Guten,
die Armen und die reich,
wird Sonne überfluten,
der Frühling kommt sogleich.

Die Vögel und die Veilchen,
sie machen sich bereit.
Geduld, ein kleines Weilchen,
dann wird das Herz dir weit!

Vorbei des Winters Strenge,
die Welt ist überschön!
Trittst du aus deiner Enge,
wirst du es staunend sehn.

Nr. 93

Wolle

Dem Schäflein wird das Fell
stets wieder neu geschnitten,
doch wächst’s ihm wieder schnell,
s’ braucht gar nicht darum bitten.

Es schafft ihm keine Not,
daß wir uns darin kleiden.
So schenkt’s der liebe Gott
erst ihm – dann mir – uns beiden.

Nr. 94

Die Knospe schwillt, und über Nacht
die Blüte steht in voller Pracht,
lockt bunt und duftend Bienen an,
damit die Frucht entstehen kann.
Es ist ein Bild voll Lieblichkeit‚
doch nur für eine kurze Zeit.——

Ist reif die Frucht und wird gepflückt,
uns die vollendete entzückt
in Form und Farbe, Duft und Kraft,
geschwellt von Süßigkeit und Saft.-

Doch zwischen Blüh’n und Ernte ist
des Reifens mühevolle Frist.
Die harte, herbe, grüne Frucht
die ihr bestimmte Fülle sucht.
Zu dieser Zeit, wie sonst wohl kaum,
bedarf der Sorge jeder Baum.
Die Hand, die diese Hilfe schenkt,
des Baumes Schöpfer reich bedenkt.

Nr. 95

Ein Stückchen Brot ist eine Kostbarkeit.
In ihm die Liebe Gottes wird zur Speise,
die er dem Menschen gibt zur rechten Zeit,
damit er durch den Sohn den Vater preise .
Ein Stückchen Brot, es ist von edler Art,
vom Samen, in der Arche aufbewahrt,
bis sich der Oelbaum schmückt mit frischem Grün
und siebenfach des Friedens Bogen schien.

Dann ausgesät in das entsühnte Feld,
ist es genug für alle Zeit und Welt.
Und immer wieder so der Sämann tut,
und wieder wogt die ährenschwere Flut.
Mag, was da ist, zerfallen wie ein Kleid,
das Brot vom Himmel bleibt in Ewigkeit.

Nr. 96

Blumen.

Als Gott einst aus dem Paradies
zu Dorn und Distel uns verwies,
da streute seine Vaterhand
viel zarten Samen in das Land.
Und da und dort und bald zuhauf,
wie sproßt es hold und lieblich auf:
der Blumen mannigfache Zier,
der Liebe Zeichen dir und mir.
Die Freude, unerschöpflich reich,
ist die Verheißung allzugleich:
“Es steigt ein Blütenzweig empor.
Aus Jesses Wurzel sprießt hervor
die Rose, auf der ungeteilt
der siebenfache Geist verweilt.”
Drum Sion schmücke dein Gemach
dem König, der die Ketten brach:
Er, der dein Kranz und Bräutigam,
zur Braut und Königin dich nahm.

Nr. 97

Am Abend im Garten
zwei Amselchen warten.
Wie gut würd’ es tun,
im Nest schon zu ruhn.

Wie wollige Bällchen
mit Schnäbeln und Krällchen
so hocken sie stumm
und schläfrig herum.

Doch gilt’s, um zu fliegen,
die Furcht zu besiegen.
Sind klein sie auch noch,
sie lernen es doch.

Der Vater bringt Futter,
es lockt sie die Mutter
hoch oben vom Dach,
da werden sie wach.

Sie recken die Beine,
das andre, das eine,
sie richten sich grad.
Nun sind sie parat.

Die Flügel sie breiten,
o, schau, wie sie gleiten,
wie herrlich sich’s läßt
heimfliegen ins Nest.

Ihr Vöglein, ihr Kleinen,
so will es mir scheinen,
auf Schwingen man leicht
den Himmel erreicht.

Das Girren und Kuscheln,
behaglich sich Huscheln,
das bringt nicht vom Fleck,
da kommt man nicht weg.

Das Straffen und Üben,
das Horchen und Lieben,
das trägt uns empor
zum himmlischen Chor.

Das Jauchzen und Klingen,
das jubelnde Singen,
am Boden ist’s nicht,
nein, oben im Licht.

Die Ruhe so labend,
die Heimstatt am Abend,
den Frieden der Nacht
Gott selber bewacht.

So hoch wie die Sterne,
der Mond in der Ferne,
So weit wie die Welt
umschließt uns sein Zelt.

Nr. 98

Die Amsel.

Ich komme aus der Mittagsruh,
da stockt mein Fuß. “Was willst denn du?”
Schwarzamsel schaut mich ruhig an,
ob ich ihr wohl nicht helfen kann.

Vielleicht floh sie vor Wind und Sturm
und schlüpfte unters Dach im Turm.
Doch da man nun das Fenster schloß,
ist die Verlegenheit recht groß.

Es nützen ja die Flügel kaum,
verfliegt man sich in engen Raum. – O Amselchen, ich weiß, wo’s fehlt,
weiß um die Angst, die dich beseelt,

des kleinen Vogels großen Schmerz. – Auch mir ist heut so eng um’s Herz,
erklimme drum das Fenster schnell
und öffne es dir auf der Stell’.

Ich treib das Vöglein etwas an,
daß es den Ausgang finden kann.
Nun breitet es die Flügel weit,
vorüber ist sein Not und Leid.

Ach, lieber Gott im Himmel, sieh’s!
Wo bist du, und wer tut mir dies?


Teil 10: Verschiedenes


Nr. 99

Lamm des Vaters, Hirt der Menschen,
Du mein Hirte, ich dein Lamm!
Lass mich ruhn zu deinen Füßen,
wenn du hängst am Kreuzesstamm,

laß mich ruhn in deinem Schoße,
wenn du ruhst im Erdenschoß,
laß mich ruhn in deinen Armen,
da du aufstehst herrlich groß.

Laß mich ruhn auf deinen Schultern,
da du heim zum Vater kehrst,
laß mich ruhn in deinem Tröster,
in dem du uns lieben lehrst.

Nr. 100

Heiliges Land.

Heil’ges Land! – Aus Ewigkeit
ging das Heil hier durch die Zeit,
fing sich aller Sonne Schein
wie im kleinen Brennglas ein,
und es zündet sich daran
jedes Osterfeuer an. – Mittelpunkt im heil’gen Kreis!
Wurzelgrund für Jesse’s Reis!
Hier, was die Propheten sagen,
in Erfüllung ist gegangen. – Niemand könnte Gott verstehen,
doch wir haben ihn gesehen.
Hier ist er herabgekommen,
hier hat er uns aufgenommen,
hier ward er im Fleisch geboren,
um zu suchen, was verloren.
Hier hat er das Wort verkündet,
hier hat er sein Reich gegründet.
Hier, beim Mahl des Brots und Weins,
bat er: “Mache alle eins !”
Hier hat er sein Blut vergossen,
wie von Anbeginn beschlossen.
Hier, als er den Tod bezwungen,
ist er aus dem Grab gesprungen,
daß er an des Vaters Seite
eine Wohnung uns bereit.
Hier hat er den Geist gesendet,
der den Hirten Salbung spendet. – Und in alle Welt hienieden
tragen mit dem Kreuz den Frieden,
die der Herde sind bestellt.
Heilig’ Land ward so die Welt.

Nr. 101

Die Taube. (Ps. 67)

- Die Flügel der Taube sind aus Silber und ihr Rücken ist von
Goldglanz überzogen –

Nr. 102

Zu einem goldenen Jubiläum.

Eine Taube, zart und weiss,
froh vernahm des Herrn Geheiss:
“Meine Taube, rein und schön,
komm, wie ich mich nach dir sehn’!”

Breitet aus ihr Flügelpaar,
baut ihr Nest auf dem Altar,
flog dort emsig hin und her
Gott zulieb und Gott zur Ehr’.

Was sie tat und was sie sang,
ihm gar lieblich war und klang.
Vor ihm schwingend Jahr um Jahr,
silbern ward das Flügelpaar

und – das wissen alle hier – seinem Hause eine Zier.
Gottes Taube, still und hold,
nun ist dein Gefieder Gold.

Nun bist du mit Glanz geschmückt,
des Geliebten Kranz beglückt
dich mit Gnaden überviel, er, der Anfang und das Ziel.

Nr. 103

Dem Haferschleim

Die Poesie bringt manchen Reim,
doch schwieg bisher vom Haferschleim,
der doch – so mild, so sanft, so glatt
ein Wort verdienet hat.

Er fragt nach keiner Zu-etat,
er saugt sich nur am Wasser satt.
Genießt ihn dankbar und habt acht,
wie er so gar nichts aus sich macht.

Doch Gutes viel ich an ihm seh:
Er ist nicht scharf, er tut nicht weh,
er ist nicht sauer und nicht süß.
Wie unvertraglich ist auch dies!

Da er nicht kalt ist und nicht raucht,
ist just er so, wie man ihn braucht.
Und vieles, was uns plagen will,
das hüllt er ein und macht es still. –

Ich bin nicht Uhland und nicht Gleim,
doch sing das Lied vom Haferschleim.


11. Sonstiges


Nr. 104

Früh morgens halt ich stille Rast
dort oben am Altar.
Da dünkt mich leicht des Weges Last
die gestern schwer noch war.
Ich geh’ für kurzen Augenblick
aus Raum und Zeit hinaus,
da weiß ich mich, o welch ein Glück
geborgen und zu Haus!

Hier nährt mich meiner Heimat Brot
in dieses Brotes Kraft
wird jeder Tag mit seiner Not
mit neuem Mut geschafft!
Hier wird auch neu mein Licht entfacht,
das “sel’ge Hoffnung” heißt,
das mitten in der finstern Nacht
den rechten Weg mir weist.

So pilgr’ ich hoffend durch die Welt
und schaue nicht zurück.
Als Weggeleit sich mir gesellt
ein tiefes, reines Glück.
Es komme, was da kommen mag,
es kommt, wie Gott es will!
Und jeder neue Wandertag
bringt näher mich dem Ziel.

Glückauf! Du lieber Pilger heut,
heut jubilieren wir!
Und jedes Herz sich mit Dir freut,
wünscht Glück und Hoffnung Dir;
daß sie Dir leuchten hell voran,
beflügeln Deinen Lauf!
Wir schließen Dir uns fröhlich an:
Hinauf zu Gott, hinauf!

Nr. 105

Der Abt Martinus, weise und betagt,
im Kreuz den Frieden schauend‚ hat gesagt:
“Herr, wenn ich Deinem Volk noch nötig bin,
so gebe ich mich ihm auch weiter hin.”

Oh, wohl dem Mann, der nicht vorm Tod gebangt
und dennoch zu vollenden hat verlangt
sein Werk in Treue, bis, der ihn erschuf,
ihm löst die Last durch den verheissnen Ruf:
“Wohlan, mein Knecht, du dientest treu und gern,
nimm hin die Krone: Freude deines Herrn!”

(Schwester Oliva an Mutter Äbtissin am 23.1.1970)

Nr. 106

Lasst ab von uns, ihr bösen Mächte!
Die stillen Tage kamen nun.
Aufbricht im Dunkel langer Nächte
schon in der Erde neues Tun.

Vom Blut, das einmal sie getrunken,
steigt in die Wurzeln neuer Saft.
Sind auch Jahrtausende versunken,
neu bleibt es und gibt neue Kraft.

Die Bäume werden höher, breiter,
der Stamm legt neuen Jahrring an.
Das Leben stirbt nicht, es geht weiter,
weil nie sein Schöpfer sterben kann.

Kaum fielen ab die welken Blätter,
sind frische Knospen schon bereit,
weil unser Heiland, unser Retter
ist eingetreten in die Zeit.

(Für Mutter Äbtissin ein dankbarer Gruß)
Advent 1974 Werdet neu!

Nr. 107

Zum Erntedankfest

Die Ernte ist reif. Es beugte die Ähre den Halm.
Da ward er geschnitten. Nun singet den Dankespsalm
dem gütigen Vater und preist und verherrlicht ihn,
und danket auch denen, die ihm ihre Hände geliehn.

Nun teilt mit den hungernden Brüdern das heilige Brot.
Nehmt fort von den göttlichen Gliedern die menschliche Not.
Dann sind alle Menschen zum göttlichen Leibe geeint,
wenn herrlich der himmlische Schnitter zur Ernte erscheint.

(Sr. Oliva an die Mutter Äbtissin zum 18. Jahrtag des heiligen Tisches.)

Nr. 108

Wunderbar hast du gestaltet
mich in meiner Mutter Schoß,
hast mein Inneres gebildet,
hast bestimmet mir mein Los.

JUBILATE, JUBILATE, JUBILATE, AMEN!

Meinen Dank will ich bezeugen
dem, der herrlich mich gemacht,
will in Staunen mich verneigen
Herr, vor deiner Werke Pracht!

JUBILATE, JUBILATE, JUBILATE, AMEN!

Herr, du prüfst mich und du kennst mich,
führe mich durch diese Zeit.
Leite mich mit deinem Segen
auf dem Weg zur Ewigkeit.

JUBILATE, JUBILATE, JUBILATE, AMEN!

Nr. 109

Suscipe

Da steht ein Mensch, so schwach und klein.
“Herr, nimm mich auf!” – Er singt’s allein.

Ob er da nicht im Herzen bangt,
weil Gott ihn von sich selbst verlangt?
Indes – und dies ist wunderbar – umschließt ihn seiner Brüder Schar:
“Herr, nimm mich auf!” Vereint im Chor
trägt man das Wort dem Vater vor.
Erhörung ja verheißen ist
vereintem Bitten, wie ihr wißt.
Was kann uns Arges da geschehn,
wenn alle für den einen stehn,
und dieser ist für alle da?
Nichts fürchtet dann! – Der Herr ist nah!

Nr. 110

DU HERR

Du, Herr, bist unsre Mauer,
das Tor, das Friede heißt,
du, Herr, bist unser Garten,
der Baum, dess’ Frucht uns speist,
der Weinstock süßer Reben,
der Tempel und Altar,
das Haus; in dem wir leben,
der Turm, so stark und klar,
der Brunnen in der Mitte,
das Wasser ohne Trug,
Du schenkst auf jede Bitte
viel mehr uns als genug.

Nr. 111

DER BLINDE.

Die Menge, die mit Christus zieht,
ist frohgemut, weil sie ihn sieht.
Bei ihm, der schenkt das Augenlicht,
spürt sie den Durst, den Hunger nicht.

Am Wege sitzt ein blinder Mann,
der ruft den Namen Jesu an.
Die Menge ihm den Ruf verwehrt,
der, den er anruft, auf ihn hört.

Er sieht noch nicht den Herren Christ,
“sieht” nur, daß er ein Blinder ist.
Weil dieser Blick nach innen geht,
schaut er die Hilfe im Gebet.

Es neigt sich ihm der Herr der Welt:
Das Dunkel von den Augen fällt.
Als er die Sonne sehen kann,
schließt er sich froh der Menge an,

er folgt mit ihr des Meisters Spur,
ihm fehlte ja dies eine nur.
Herr, daß ich sehe! Gib auch mir,
mit klarem Blick zu folgen dir.

Nr. 112

Wolken

Wolken wollen uns oft dunkel scheinen. – In der Wolke führt der Herr die Seinen
durch das rote Meer und Wüstensand
zum Gesetz und zum Gelobten Land.
Wolken macht der Herr zu seinem Wagen,
und auf Wolken Cherubim ihn tragen.
Wolken senden uns den Gnadensegen,
und die Tränensaat bringt Freudensegen.
Wolken sind des Allerhöchsten Thron,
und auf Wolken kommt der Menschensohn.

Nr. 113

Gewitter

Krachend reißt die Wolkenwand
und entläßt des Blitzes Helle,

und des Waldes Bäume beben,
und es peitscht den Strand die Welle.

Aufgesprungen ist die Erde,
ausgedorrt von Sonnengluten,

und nun füllst Du ihre Risse
mit herabgesandten Fluten.

Aller Staub ist abgewaschen,
alle Blätter, Blumen leuchten.

Siebenfarbig zeigt der Bogen
sich am Himmel, dem noch feuchten.

Nr. 114

Der Baum.

Ein Kirschbaum auf der Wiese steht,
ein Märzenregen niedergeht.
Nun hängen viele Tropfen dran,
die bei den Knospen klopfen an.

“Da‚ trinkt – der Frühling ist nicht weit
den Saft für euer Blütenkleid!”
Die Sonne strahlt aus Himmelsblau,
da funkelt es wie Morgentau.

Wie ist der Baum so still beglückt,
daß er schon wieder reich geschmückt.
Gleich nach des Winters weißer Zier
steht er im Perlenkleide hier.

Die Blütenkrone trägt er bald,
der Blätter tausendfach’ Gestalt.
Zur rechten Zeit im Jahreslauf,
da leuchten seine Früchte auf.

Dann, wenn man sie geerntet hat,
bunt färbt sich mählich Blatt um Blatt,
senkt friedlich sich der Erde zu
und geht mit der Natur zur Ruh. –

Doch übers Jahr zu dieser Frist
viel weiter seine Krone ist,
und jeder Tag ist ihm ein Fest,
weil Gott nie ungeschmückt ihn läßt.

Nr. 115

KREUZLEGENDE

Christ spricht: “Nimm auf dein Kreuz! Pack an
und folge mir den Berg hinan!”
Der Mensch gehorcht. Bald stöhnt er sehr
und ächzt: “Ach Herr, ich kann nicht mehr!”

Da neigt sich Gott zu ihm herab
und sägt vom Holz ein Stückchen ab.
Nun geht es weiter steil hinauf,
und wieder gibt der Mensch es auf.

Und wieder Gottes Güte kürzt
das Kreuz, damit der Mensch nicht stürzt.
Man ist dem Gipfel nah. – Da, halt!
Vom Gipfel noch trennt ein breiter Spalt.

“Nun leg dein Kreuz als eine Brück’,
hinübergeh ins Himmelsglück!”
Zu kurz! Es fehlt ein guter Schritt:
die Länge, die vom Kreuz man schnitt.

“Was soll ich tun, mein Herre Christ,
der Du der Weg zum Vater bist?”
“So nimm mein Kreuz! Ich ließ es ganz,
es trägt dich in der Glorie Glanz.”

Nr. 116

Blütenbaum

Ein Blütenbaum! Welch’ Überfluß,
der sich in Früchte wandeln muß.
Du Schönheit, die das Aug’ beglückt,
die unser Herz so still beglückt.

Es ruht in dir, es ruht in Gott.
Wo blieb die Sorge, wo die Not – vergangen wie ein flücht’ger Traum
vor deinem Bild, o Blütenbaum.

Nr. 117

Fortschritt.

Die Wissenschaft geht stet voran,
was daraus wohl noch werden kann?
Die Strahlen machen vieles klar,
und immer mehr wird offenbar,
was sich im Menschen still vollzieht,
so daß wohl bald ein jeder sieht
dem andern bis ins Herz hinein.
Wem würde das nicht peinlich sein?

Doch schauen wir uns einmal um.
Was sagt das Evangelium?
Als unser Herr auf Erden war,
um ihn der Pharisäer Schar,
liest man nicht mehr als einmal da,
daß er ihr böses Denken sah
und ihre Lügen, still gehegt,
vor allen offen widerlegt?

O sorgt nicht, was der Fortschritt bringt,
ob er in euer Denken dringt
und das, was euch zutiefst bewegt,
nach außen schamlos offen legt.
Sorgt nur, daß euer Sinnen frei
und rein von jeder Bosheit sei.
Kann es vor Seinem Blick bestehn,
dann dürfen es auch alle sehn.


Sr. Oliva Beatrice Pardo de Leygonie (1909-1992)

Bild vergrößern Als Kaufmannstochter in Hamburg geboren kam Sr. Oliva nach den sehr schmerzlich erlebten Zeiten des Nationalsozialismus nach Fulda und legte 1953 Profess ab. Nach dem Tod unserer Sr. Laurentia übernahm sie die Leitung unserer Gartenabteilung.

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Benedikt schrieb seine Regel aus der Kenntnis mehrerer anderer Mönchsregeln und Traditionen heraus und führte sie mit seiner eigenen jahrelangen Erfahrung zusammen.

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